Treue Freunde – die Partnerschaft von Mensch und Hund
Frederic Cuvier: „die merkwürdigste, vollendetste Eroberung, welche der Mensch jemals gemacht hat. Die ganze Art ist unser Eigentum geworden; jedes Einzelwesen derselben gehört dem Menschen, seinem Herrn, gänzlich an, richte sich nach seinen Gedanken, kennt und verteidigt dessen Eigentum und bleibt ihm ergeben bis zum Tode. Und alles dieses entspringt weder aus Not noch aus Furcht, sondern aus reiner Liebe und Anhänglichkeit.“
Das Bayerische Nationalmuseum hat für Hundefans und Kynologen eine breitgefächerte und sehenswerte Ausstellung zum Verhältnis von Mensch und Hund auf die Beine gestellt.
Am Eingang begrüßt den Besucher der „Cammerhundt Gristan“, der wohl für Kurfürst Maximilian I. angefertigt wurde. Kammerhunde waren Lieblingshunde und meist wertvolle und besondere Jagdhunde, die ihre adeligen Herren sogar ins Schlafzimmer begleiten durften. Daher handelt es sich hier nicht um einen „zottligen Hirtenhund“, sondern um einen „Aquaticus“ einen Buddel- oder Wasserhund, der als Apportierer zur Wasserjagd eingesetzt wurde. Besonders in der Barockzeit wurde er ein beliebter Schloßhund, der durch die barocke Schur auch die Kultiviertheit und das Modebewusstsein seines Herrn anzeigte.
Den Begriff Modehund kann man erst ab dem 19. Jahrhundert fassen. Aber die Hundefavoriten der Königshöfe wurden sehr schnell zu beliebten Hunden der Adeligen und mit Verzögerung dann auch der bürgerlichen Kreisen. Die ersten begrifflichen Modehunde waren im 19. Jahrhundert Renomierhunde, so wurden große Hunde – Jagdhunde wie Doggen oder Bullenbeißer bezeichnet, die Studenten und Bürger hielten, um Status und Lifestyle zu repräsentierten. Mit dem Hundezuchtwesen kamen in den Städten vor allem kleine Hunde in Mode. Modehunde wurden durch die Präferenz des Adels geschaffen, die durch Zeitungen und Modemagazine bekannt gemacht wurden. Aber auch Politik und Handel machten auf Exoten aufmerksam und verhalfen zum Modehundstatus. Als durch die russische Revolution der Barsoi im seinem Heimatland als Symbol des Adels verboten war und im großen Stil vernichtet wurde, wurden die geretteten adeligen Exilanten in Europa zum Inbegriff mondäner Lebensweise und erlebten in den 1920er einen Hype. Der heute wiederkehrt!
Die Medienpräsenz in Film, Werbung und Comic erzeugte immer wieder Modehunde. Gegen Ende der 20er wurde der Terrier chic. Schmale Silhouette und Beweglichkeit entsprach dem Zeitstil der Mode. Die Comicserie „Tim und Struppi“, aber auch Asterix spiegeln diese Beliebtheit und es kam zu einer regelrechten Foxterrier-Trend in Europa. 1950 führte Snoppy zu einer Beagle-Liebe in den USA und Lassie eroberte die Welt. In den 90er wurde der Dalmatinerhype durch Walt Disney ausgelöst.
Hunde symbolisieren die Lebenseinstellungen der Zeit – der Afghane die Hippie-Zeit, der Pitbull aufgrund seines muskulösen Erscheinungsbildes wurde zum Symbol der Gangster und Rap-Szene. It-Girls wie Paris Hilton brachten Chihuahua und Zwergspitz im neuen Jahrtausend in Mode.
500 Jahre land war der Zwergspitz das Luxusaccessoire der adeligen Damen. Sie wurden „kontinentale Zwergspaniel“ genannt, da sie von Hof zu Hof verschenkt, ein ziemlich einheitliches Bild zeigen. Klein, wuschelig, weiß mit braunen oder schwarzen Platten. Das „spaniolsche Hündchen“ wurde zum diplomatischen Geschenk. Und um den Kleinwuchs zu erhalten, rieb man 1776 die Welpen täglich mit „spiritus vino“ oder Salpeter ein, was die Körpersäfte austrocknen sollte.
Erst im 18. Jahrhundert lief der Mops dem Zwergspaniel den Rang als Modehund ab. Ihm wurde besondere Treue und Anhänglichkeit zugesprochen. Schnell wurde er auch beim Bürger beliebt. Münchner Kleinbürger hielten sich 2 bis 6 Möpse, die als sogenannte Klingelhunde jedes kleine Geräusch anzeigten. Anklagend wurde in der Zeitung geäußert, dass „ihre fetten Mopperln beständig bey sich im Bette liegen.“ Bis heute, hat der inzwischen krankgezüchtete Kleinhund seine Fans, wenn das Herrchen Loriot behauptet:“ Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“
Das der Mops in den alternativen Freimauererlogen einst für Unabhängigkeit, Redefreiheit, Mut und Gleichberechtigung der Geschlechter stand, ist heute den Wenigsten bekannt. Die 1743 bei der Meißner Porzellanmanufaktur in Auftrag gegeben Mopsfiguren dienten als Erkennungszeichen der Mitglieder der geheimen Mopslogen, in der sich sowohl Männer als auch Frauen zum Austausch von Wissen, philosophischen und kunstgeschichtlichen Gesprächen und Spielen zusammenfanden.
Den Fans der Jagdhunde präsentiert die Ausstellung wahre Highlights, so den fantastischen Tafelaufsatz einer Parforcejagd des bayerischen Kurfürstenhauses. In der Kutsche sitzen vermutlich die Kurfürstin Maria Anna und ihre Schwiegermutter Amalie Maria Josepha (1701-1756), die eine große Liebhaberin der Jagd war. Der Zeitgenosse Keyssler schrieb 1729 über sie: Sie schießt gut nach der Scheibe und dem Wildbret. ... Die Hunde finden eine große Liebhaberin in ihr. Vor allem die englischen Windspiele.“ Für sie wurde ab 1734 die Amalienburg erbaut von dessen Dach sie die Vögel schoß. In der Amalienburg ließ sie für ihre Hunde eine Hundekammer bauen, mit in den Wandtäfelungen eingelassenen Kojen, die mit Kissen ausgestattet waren und als Unterkunft für die Lieblingshunde der Kurfürstin dienten.
Ein Kleinod der Ausstellung ist die Schutzjacke für die sogenannten Jacken-Hunde, von den sich nur 6 Exemplare erhalten. Junge noch unerfahrene englische Hunde kleidete man in gefütterte Jacken aus Barchent oder „Baumseiden“, die Flemming 1719 folgend beschrieb: „auswenidg gemachet und untern mit fester Leinwand ausgefüttert, mit Haaren oder Baumwolle wohl ausgestopfet und ganz durchnähet, unter dem Bauch und der Brust aber ist es am gefährlichsten und sind die Jacken hier mit Fischbein ausgelegt und mit etlich Mössel-Lächern hart aneinander gemachte mit vieler Arbeit, das es als Pantzer feste.“ Neben dieser seltenen Panzerweste zeigt die Ausstellung eine Sammlung traumhafter Halsungen, die einst Karl II. August gehörten, der von 1775 bis 1795 das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken herrschte und auch als „Hundekarl“ bekannt war. Er war ein passionierter Jäger, sodass sich die Untertanen über die “Regimenter von Jagdhunden“ die über das Land preschten, beschwerten. Mit den Halsbändern konnten die Besitzverhältnisse geklärt und die Hunde nach der Jagd wieder ihren Besitzern übergeben werden. Die breiten und vor allem mit Dornen versehen Bänder schützten vor Verletzungen. Die schmalen silbernen sind eher Schmuckhalsbänder am Hofe.
Für Kynologen ist die Ausstellung eine Schatzkammer alter Hundebilder, da die einzelnen Rassen und früheren Hundeschläge oft ganz anders aussahen als heute. Dazu finden sich auch wahre Raritäten wie das „Dänische Hündlein“, das nur etwas 100 Jahre lang in Gebrauch war und in einem qualitätvollen Gemälde von Johann Christian von Mannlich 1773 endlich wieder aus dem Magazin ans Tageslicht kam. Es ist eines der wenigen farbigen Quellen dieses seltenen Jagdhundes, den man aus den Radierungen Ridingers kennt.
Die Ausstellung präsentiert vielfältige Aspekte des Hundes, die heute längst vergessen sind. So war der Rohstoff Hund auch lange Zeit wichtige Grundlage in der Medizin. 1555 schreibt Konrad Gessner, dass zerlassenes Hundefett gut „für das Podegram sei und gelinde Glieder mache“. Schon bei Scribonius Largus diente in seinen Compositiones (1.Jh.n. Chr.) Hundefett zur Wundheilung, Auflösung von Blutgerinsel, Ohrenschmerzen, Kopfläusen und Juckreiz. Man versuchte damit auch Schwindsucht zu behandeln. Mit zerstoßenem Schädel behandelte man Gelbsucht, Geschwüre und Geschwülste. Zur Herstellung von Salben gegen Gliederschmerzen und Lähmungen nahm man 4-5 tägige Hunde, „ersäufte sie in gutem Weißwein und kocht sie mit guten Kräutern und Ölen, Hartzen oder Gummi.“
Wer noch mehr Geschichten, Informationen und Quellen zur Partnerschaft von Mensch
und Hund erhalten möchte, der kann mich an meiner letzen Führung durch die Ausstellung am Sonntag den 30. August begleiten. Die Ausstellung ist bis 13. September verlängert
worden.
Anmeldung unter: info@ars-canis.de
Fotos von Karin Dohrmann
Kommentar schreiben